Legaler Rausch? Phantastik-Konsum und dessen Auswirkungen (Aprilscherz)
Fantasy, Science-Fiction und Co: Kreativer Spaß für alle? Wir blicken auf Auswirkungen des Konsums und sprachen mit Süchtigen.
Edit: Es war 1. April, dieser Beitrag war unser Aprilscherz.
„Anfangs war es aufregend, spannend, und es hat einfach Spaß gemacht“ berichtet uns Michael F., der seit über 25 Jahren konsumiert. Doch die Konsequenzen folgten über die Jahre: „Ich habe immer mehr Zeit damit verbracht. Immer mehr Bücher, Spiele, Filme – meine ganze Wohnung ist voll davon“. Besonders fatal ist dabei, dass sich weite Teile seines Umfelds veränderten. „Statt mit den Schul-Prolls normale Sachen wie Komasaufen zu machen, traf ich mich lieber mit Gleichgesinnten. „Kein Scherz: Seit Jahrzehnten treffen sich Phantastik-Süchtige auf sogenannten Conventions, wo sie ganz offen konsumieren. Oft mit Dealern, die liebevoll Autor*innen, Artists oder Spielleitungen genannt werden.
Solche Verharmlosungen sind typisch für die Szene, die immer mehr aus der Nische heraus drängt: „Bei uns, auf der Kr****F**“ (Name zensiert) in Krefeld, sind auch viele Familien, die zufällig vorbeikommen und sich begeistern lassen“ erzählt uns Michael. Sprich: Angefixt mit Phantastik, mit all ihren Konsumfolgen. Während die Droge früher unter vernünftigen Erwachsenen verpönt war, hat sich dies heute geändert. Schleichend hat sich diese in die breite Masse geschlichen – mit scheinbar harmlosen Anime-Serien, Fantasy bei Streamingdiensten oder Comicverfilmungen im Kino.
Doch außer dem noch relativ normalen Konsum über einen Bildschirm gibt es viele weitere Wege: Beispielsweise durch das Lesen von Büchern und Comics oder das Spielen von Brett- und Rollenspielen. Wer noch tiefer einsteigt, gewandet sich wie Phantastikfiguren oder stellt selbst neue Phantastik her. „Es ist kreativ, unglaublich kreativ“ wird uns erzählt. „Man denkt sich Geschichten aus, bastelt und schneidert, zeichnet Bilder… die Möglichkeiten sind grenzenlos.“ Bedenklich sind dabei insbesondere die beschriebenen Erlebnisse, zum Beispiel beim sogenannten Rollenspiel: “ Ich bin nicht mehr ich, sondern jemand anderes. Die Figur, die ich spiele. In einer anderen Welt.“ Kein Wunder, dass den „Phantasten“ immer wieder Realitätsflucht nachgesagt wird – ähnlich wie bei illegalen Drogen.
Denn tatsächlich ist der Konsum von Phantastik nicht verboten. Inzwischen wird sogar seitens der Politik der Konsum als auch die Produktion gefördert. Beispiel Krefeld: Dort wird alle zwei Jahre ein Preis für „Fantastische Literatur“ durch den Oberbürgermeister verliehen, im Rahmen eines großen Szene-Events. Die hohe Anzahl an solchen Veranstaltungen und lokaler Treffs weltweit zeigt die Verbreitung, und auch: Es gibt einen sozialen Faktor. „Ich habe viele tolle Menschen kennengelernt, alle meine Freunde kommen aus der Szene“ wird uns erzählt. Ein Ausstieg wird entsprechend erschwert.
Dabei wird von vielen langjährigen Konsumenten auch immer wieder übertrieben: „Ich selbst habe mehr Brettspiele als ich spielen kann, einiges noch eingeschweißt. Und Bücher… ich will besser gar nicht daran denken.“ Dies sei für viele Formen von Phantastik unüblich. „Die meisten Miniaturenschubser haben nicht alles bemalt, obwohl sie es sich immer wieder vornehmen. Und Würfel… einige kaufen auf jedem Event neue Würfel und besitzen zuweilen schon hunderte.“
Für Michael F. kam es sogar noch schlimmer: „Ich wollte, dass es mehr Events gibt bzw. diese erhalten bleiben und bin nun selbst in der Orga von zweien. „Angeblich macht es ihm Spaß, aber wer kann schon sicher sagen wieviel Wahrheit in so einer Aussage steckt. Bezahlt wird sein Engagement nicht: Auf den meisten Events wird an die Teammitglieder nichts bezahlt – wirtschaftlich also unsinnig. „Wir machen es aus Liebe zur Szene, um ein tolles Wochenende für alle zu ermöglichen“, versucht Michael sich herauszureden. So sind es Leute wie Michael, die Szenetreffs ermöglichen, und so auch die Sichtbarkeit des Konsums verstärken. Dass dabei auch neue „Fans“ gewonnen werden, scheint ihn nicht zu stören – im Gegenteil, er ist regelrecht stolz: „Wir haben in Krefeld rund 70 Ausstellende und ebenso viele Programmpunkte, da ist für alle etwas dabei.“ Meinte: Für alle gibt es die geeignete Möglichkeit, Phantastik zu konsumieren. Der Einstieg ist leicht, und die Folgen über die Jahre sind klar.
Um der berauschenden Wirkung von Phantastik zu entgehen, empfehlen wir am 3. und 4. August 2024 nicht in die Nähe der Burg Linn in Krefeld zu gehen. Es wird mit einer vierstelligen Zahl an Phantastik-Begeisterten gerechnet und einem großen Angebot inklusive solchen zum Kennenlernen und Mitmachen. Eine breite Vielfalt an Genres, Ausstellenden und Kostümierten kommt erschwerend hinzu – und vieles davon sogar ohne Eintritt. Seid also vorsichtig im August!
Text: Michael „Miku“ Fuchs
Beitragsbilder: Foxygrafie